Helmut Hilpert: Von Hersbruck bis zum großen Club

03. Oktober 2022

Am 20. September 1937 erblickte Helmut Hilpert das Licht der Welt. In Nürnberg geboren, verbrachte er dort auch seine ersten Lebensjahre, bis der Krieg ihn gen Hersbruck trieb. Denn wie viele Nürnberger Familien, mussten auch die Hilperts aufgrund der verheerenden Luftangriffe gegen Ende des Zweiten Weltkriegs die Noris verlassen.

Der damals Siebenjährige bezog mit seiner Familie ein sogenanntes Behelfsheim für Ausgebombte in Ellenbach. Auf dem dortigen Anger verbrachte Helmut Hilpert ab 1945 sehr viel Zeit beim Fußballspielen mit den Nachbarskindern. Es war auch ein Enteilen aus der Enge der neuen Behausung. Denn Helmut wohnte mit seinen Geschwistern Hilde und Hans sowie der Mutter und dem aus dem Krieg heimgekehrten Vater auf kleinstem Raum. „Da gab nur eine Küche und ein Kämmerchen“, beschreibt Helmuts älterer Bruder Hans Hilpert das Behelfsheim und fügt hinzu: „Geschlafen wurde auf Strohsäcken.“

Keine Fußballschuhe

Es war eine entbehrungsreiche Zeit. Dennoch ermöglichten es die Eltern, dass Helmut seiner Fußballbegeisterung noch intensiver nachgehen und sich der Jugend des 1. FC Hersbruck anschließen konnte. Die rund zwei Kilometer zwischen Ellenbach und dem Sportplatz legte er dabei so schnell ihn die damals noch kleinen Füße trugen zurück.

Perfekt ausgerüstet, wie es Jugendfußballer heute sind, war man früher freilich noch nicht, wie Hans Hilpert berichtet: „Man hatte nur ein Paar Schuhe, mit denen wurde halt auch Fußball gespielt.“ Also kein spezielles Sportschuhwerk, auch wenn der Vater als Schuster am Nürnberger Tor in Hersbruck arbeitete. Schließlich waren Fußballschuhe dazumal selbst in renommierten Fachgeschäften wie dem Schuhhaus Winter in der Martin-Luther-Straße keine Standardware.

Später hatte Helmut Hilpert natürlich auch Fußballschuhe. Doch dass es für herausragende Leistungen nicht immer die allerbeste Ausrüstung braucht, bewies er wiederholt in Hersbruck. Dermaßen, dass auch die zu jener Zeit führende Adresse im Fußball auf ihn aufmerksam wurde: Der 1. FC Nürnberg.

Sprung zum großen Club

„Es war Helmuts Traum, beim Club spielen zu dürfen“, beschreibt Hans Hilpert den Antrieb seines Bruders. Der Sprung in die Jugend des großen FCN gelang Helmut Hilpert 1952. Zudem absolvierte er nach seiner Schulzeit in Ellenbach eine Schlosserlehre bei der Firma MAN.

Dahin hatte ihn sein Bruder Hans gelotst, der dort beruflich durchgestartet war und anfangs noch vom Hersbrucker Bahnhof links der Pegnitz pendelte. Doch als er auch seinem Vater Anfang der 1950er Jahre eine Arbeitsstelle bei MAN vermitteln konnte, zog die Familie zurück nach Nürnberg. „In eine moderne Genossenschaftswohnung“, wie der heute in Hersbruck lebende Hans Hilpert erzählt.

Weltstars als Gegner

Inzwischen zu einem mehr als hoffnungsvollen Abwehrspieler herangewachsen, debütierte Helmut Hilpert 1959 in der ersten Mannschaft des FCN. Niemand Geringeres als Helmut Rahn war dabei sein Gegenspieler. „Der Boss“, wie der Essener genannt wurde, hatte Deutschland gemeinsam mit dem Nürnberger Max Morlock im WM-Finale 1954 gegen Ungarn zum Weltmeistertitel geschossen. Rahn begrüßte den Nachwuchsverteidiger mit den Worten: „Was willst denn du gegen mich?“ Hilpert nahm die Herausforderung an und der Star aus Essen sah für den Rest des Spiels keinen Ball mehr.

Während seiner langen Karriere beim Club traf der strebsame und grundsolide Defensivspezialist auf etliche Größen dieses Sports. Auf Benfica Lissabons Weltstar Eusébio beispielsweise, 1962 im Viertelfinale des Europapokals der Landesmeister – der heutigen Champions League. Oder, als Bayern München in die Bundesliga aufgestiegen war, auch auf Franz Beckenbauer und Gerd Müller.

Beim legendären 7:3-Sieg der Cluberer gegen die Bayern spielte allerdings statt Hilpert dessen Schwager Horst Leupold, ebenfalls eine FCN-Legende. Das war in der Meistersaison 1967/68, als der Ehemann von Helmut Hilperts Schwester Hilde bereits den Platz des Ex-Hersbruckers in der Clubabwehr eingenommen hatte. Hilpert, der neben dem Fußball eine Tankstelle in Nürnberg betrieb, später ein Lotto-Toto-Geschäft, kam in jener Spielzeit nur noch sporadisch zum Einsatz.

Mit der Deutschen Meisterschaft 1968 endete Hilperts Zeit beim Club. Jahrelang hatte er als kompromissloser sowie konsequenter Abwehrspieler überzeugt und bereits 1961 beim Titelgewinn des FCN mitgewirkt.

Als amtierender Deutscher Meister gastierte er mit dem Club bei seinem Jugendverein in Hersbruck, als dessen neue Sportanlage 1961 eingeweiht wurde. Vom 1. FC Nürnberg als „prächtig“ gerühmt, platzte sie aus allen Nähten, da derart viele Menschen den Club und „ihren“ Helmut sehen wollten. Den Buben vom Ellenbacher Anger, der beim 1. FC Hersbruck das Fußballspielen gelernt hatte, und auszog, um mit dem 1. FC Nürnberg Geschichte zu schreiben.

Europapokal vor 110 000

5000 Zuschauer waren es 1961 beim FCN-Gastspiel in Hersbruck. Sagenhafte 110 000 Menschen strömten dann weniger als zwei Jahre später ins Estadio Santiago Bernabéu. In das Stadion von Lokalrivale Real war Atletico Madrid aufgrund des großen Zuschauerinteresses im Halbfinale des Europapokals der Pokalsieger ausgewichen, als der Club um Hilpert 1963 äußerst unglücklich und knapp den Einzug ins Endspiel verpasste.

Dennoch ist Helmut Hilpert der erfolgreichste Fußballer, den Hersbruck hervorgebracht hat: zweifacher Deutscher Meister sowie DFB-Pokalsieger 1962. Nicht einmal sechzigjährig verstarb er vor rund 25 Jahren am 15. Juni 1997 viel zu früh.

Für viele unvergessen, weist jedoch in seiner alten Heimat kaum etwas auf seine fußballerischen Anfänge und späteren Erfolge hin. Ein bisschen so, wie es sich in der Happurger Straße mit dem Areal des 1. FC Hersbruck verhält. Auch dort ist am Anfang des Stichwegs zum Sportgelände wenig von der noch immer prächtigen und einst von Hilpert mit eingeweihten Anlage zu erahnen.